Es ist ein wunderbares Gefühl: Warmes Öl rinnt aus einer Kupferschale auf die Haut und wird von behutsamen Händen sanft verteilt. Die Bewegungen sind fließend und so angenehm, dass die Augenlider schwer werden. So etwas passiert bei einer Ayurveda-Massage – sie entspannt beinahe augenblicklich. Denn hier wird weniger gedrückt als sanft gestrichen, ganz passend zum offiziellen Namen der Ölmassage: Abhyanga heißt sie, und das bedeutet „liebende Hände“.
Ayurveda ist mehr als Massage
Die Ganzkörpermassage ist aber nur ein Teil des Ayurveda. Denn die mehr als 5000 Jahre alte indische Heilkunst, deren Name sich aus den Sanskrit-Worten Ayus (Leben) und Veda (Wissen) zusammensetzt, ist ganzheitlich. Bei ihr spielt die Psyche eine ebenso große Rolle wie der Körper. Deshalb hat Ayurveda mehrere zentrale Elemente, darunter verschiedene Reinigungstechniken, Ernährungslehre und Pflanzenheilkunde. Auch spirituelle Yoga-Praxis wird häufig dazugezählt.
Die drei Temperamente
Im Ayurveda unterscheidet man zwischen drei Temperamenten, den Doshas. Und die gilt es zu ermitteln, bevor eine Behandlung beginnt. Denn sie ist speziell auf das jeweilige Temperament abgestimmt. Dafür gibt es eine umfangreiche Befragung und Untersuchung. Los geht es mit einer Puls-Diagnose, außerdem wird der Patient zu bestimmten Vorlieben und anderen Charaktereigenschaften befragt.
Kapha, Pitta und Vata
Im Ayurveda geht man nämlich davon aus, dass sich der Kosmos mit den Elementen Feuer, Wasser, Erde, Luft und Äther im menschlichen Organismus widerspiegelt. Wenn die Bereiche Luft/Äther vorherrschen, wird der Patient dem Vata-Dosha zugerechnet, überwiegen Feuer und Wasser, ist er ein Pitta-Typ und wenn Wasser und Äther am stärksten vertreten sind, nennt man das Kapha.
Vata-Menschen sind ruhelos und kreativ
Als Ayurveda-Neuling kann man mit diesen Fachbegriffen erst einmal wenig anfangen. Hier helfen die Charaktereigenschaften, die den Doshas zugerechnet werden. Vata zum Beispiel steht für Bewegung, Aktivität und Kommunikation. Vata-Menschen sind schnell, ruhelos, aktiv und kreativ. Pitta steht für Energie, Pitta-Menschen sind intelligent, präzise und schnell gereizt. Kapha schließlich steht für Kraft und Ausdauer, Kapha-Menschen sind langsam und friedlich.
Alle Doshas in Einklang bringen
Jedem Dosha sind zudem bestimmte Körperregionen zugeordnet – beim Vata sind das u.a. Dickdarm, Nieren und Harnwege, beim Pitta der untere Magen, der Dünndarm oder die Lymphe, beim Kapha der Kopf, die Brust oder die Gelenke. Für jedes Dosha gibt es spezielle Behandlungen – Ziel ist es, alle drei Doshas in Balance zu bringen. Sind sie nicht im Einklang, kann der Mensch krank werden.
Panchakarma-Reinigungskur
Eine der bekanntesten und wirkungsvollsten Behandlungen gilt die Panchakarma-Reinigungskur, bei der es darum geht, Stoffwechselabbauprodukte loszuwerden. Das Wort Panchakarma steht für „fünffache Behandlung“ und enthält zum Beispiel die Einnahme von geklärter Butter (Ghee), Kräutereinläufe und Ölmassagen. Viele Prominente gönnen sich regelmäßig eine solche Kur, um ihren Körper zu verjüngen.
Liebende Hände und Stirnölguss
Die beliebtesten Bestandteile der Kur sind – natürlich – die Massagen. Dazu zählt zum Beispiel Abhyanga, die zwei- oder auch vierhändig durchgeführt wird. Die sanften Streichbewegungen lockern Muskeln und Gewebe, entspannen und entschlacken. Wie es die Behandler bei einer vierhändigen Massage schaffen, sich wortlos zu verständigen, bleibt ihr Geheimnis – auf alle Fälle sollte man die Augen schließen und die Streich-Einheiten einfach genießen. Auch Shirodhara, der Stirnölguss, ist ein wahrer Genuss. Hier wird das warme Öl behutsam auf die Stirn des Patienten gegossen, was zu einer tiefen Entspannung führt.
Entspannen in der Kräutersauna
Nach der Massage sollte man in die Kräutersauna gehen. Sie ist mit Stoffen wie Honig, Palmenzucker, Sandelholz, Kräutern und Erde von Ameisenhügeln verputzt, auch der Boden ist mit Kräutern belegt. Es gibt auch kleine, zylinderförmige Kräutersaunen, in denen eine Person liegend Platz findet. In der Sauna werden die Schlacken ausgeschwemmt. die durch die Massage gelöst wurden. Hinterher fühlt man sich wirklich vollkommen gereinigt.
Spezielle Ernährung für jedes Dosha
Aber das ist noch nicht alles, denn auch spezielle Ernährung gehört zur Panchakarma-Kur. Die Speisen sollen die sechs ayurvedischen Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, scharf, bitter und herb, aber kein oder wenig Fleisch enthalten. Je nach Dosha werden bestimmte Lebensmittel oder besondere Zubereitungen empfohlen (zum Beispiel gekochte und leicht verdauliche Kost für Vata-Typen).
Ausbildung für Avurveda-Ärzte
In Indien und Sri Lanka müssen angehende Ayurveda-Ärzte genauso wie westlich ausgebildete Ärzte ein füneinhalbjähriges Studium absolvieren, bevor sie Patienten behandeln dürfen. In Deutschland steht bisher meist der Wellness-Faktor im Vordergrund, obwohl es einige Ayurveda-Institute gibt, die betonen, eine fundierte Ausbildung nach indischen Standards anzubieten.
Einige Zentren in Deutschland
Bekannt sind hierzulande zum Beispiel die Ayurveda-Abteilung der Habichtswald-Klinik in Kassel, das AUM-Kurzentrum für Ayurveda bei Heilbronn, das Rosenberg-Ayurveda-Zentrum in Bad Birstein, der Ayurveda-Garden in Bad Rappenau und das Ayurveda-Parkschlösschen in Traben-Trarbach.
Ayurveda wirkt gegen viele Krankheiten
In jedem Fall kann Ayurveda bei vielen Krankheiten eingesetzt werden, von Erkrankungen der Atemwege über Schilddrüsen- oder Magen-Darm-Beschwerden bis zu Haut-, Nerven- und gynäkologischen Leiden. Nebenbei baut es Stress ab und reinigt den Körper so intensiv, dass man sich nach der Kur fühlt wie ein anderer Mensch: jünger, fitter und entspannt wie nie…
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