Lieben Sie spektakuläre historische Bauwerke? Dann sollten Sie mal nach Cluny fahren. Die kleine Stadt in der französischen Region Burgund beherbergt einen Kirchenkomplex, der im Mittelalter die bedeutendste und mächtigste Benediktiner-Abtei des christlichen Abendlandes war. Die dazugehörige Kirche war sogar die größte überhaupt. Obwohl während der Französischen Revolution viel davon zerstört wurde, lohnt sich der Besuch auch heute noch sehr.
Cluny und die cluniazensische Reform
Dass die im Jahr 910 von Wilhelm dem Frommen gegründete Abtei so bedeutend war, liegt an einer Reform, die von ihr ausging. Die sogenannten cluniazensischen Reform hatte das Ziel, mit moralischen Missständen aufzuräumen. Sie forderte die Beachtung der „Regula Benedicti“, der Benediktsregel (dazu gehören u.a. Gehorsam, Demut und Schweigen), die gewissenhafte Teilnahme an Gottesdiensten, vertiefte Frömmigkeit und Denken an die Vergänglichkeit. Die reformierten Benediktiner-Mönche dort wurden auch als Cluniazenser bezeichnet.
Mönchs-Leben: 215 Psalmen pro Tag beten
Das Kloster in Cluny, das etwa 90 Kilometer von Lyon entfernt ist, war eine vollkommen eigene Welt. Es gab keinerlei Einmischung von außen und auch keine wirtschaftliche Nutzung. Und das ist nicht weiter verwunderlich, denn die Mönche hätten für Arbeiten gar keine Zeit gehabt – teilweise hatte jeder von ihnen pro Tag 215 Psalmen zu beten. Laienbrüder (Konversen genannt) übernahmen die anfallenden Arbeiten. Geld verdiente das Kloster trotzdem: Es floss durch Pachtzahlungen und bäuerliche Abgaben in die Kasse der Abtei.
In der Französischen Revolution wurde Cluny schwer beschädigt
So eindrucksvoll und bedeutend Cluny war: Sein langsamer Niedergang begann schon im 13. Jahrhundert. Ausgelöst wurde er durch wirtschaftliche Probleme und den zunehmenden Einfluss der Könige. Und es kam noch schlimmer: Während der Französischen Revolution wurde Cluny geplündert, und 1810 ließ Napoleon große Teile der Klosterkirche sprengen, um die Steine für andere Zwecke zu nutzen. Auch andere Bauten des Komplexes wurden stark beschädigt: An einigen Stellen stehen heute nur noch Sockel, auf denen früher Skulpturen thronten oder die als Fuß von Säulen dienten. Die Ruinen verteilen sich im gesamten Altstadtbereich und lassen ahnen, welche Fläche der gesamte Komplex einmal eingenommen hat. Trotzdem ist es heute schwer, sich die einstige Größe vorzustellen. So war die Kirche mit ihren 187 Metern deutlich länger als der Kölner Dom! Aber wer durch die Ruinen geht, der ist trotzdem beeindruckt angesichts der Höhe der noch bestehenden Bauwerke, in denen man sich winzig klein fühlt.
Ein Kreuzgang aus dem 18. Jahrhundert
Eine Ahnung von der einstigen Größe der Abtei gibt auch der Kirchturm, der als einziger von ursprünglich vier Türmen stehengeblieben ist. Und es gibt noch mehr zu sehen: etwa den Kreuzgang aus dem 18. Jahrhundert, der anstelle des romanischen Kreuzgangs gebaut wurde. Und die Jean-Bourbon-Kapelle, die ihren Namen dem Abt verdankt, der sie um 1460 erbauen ließ. Sie ist in extravagantem gotischem Stil erbaut.
Archäologie-Museum im Palais Jean de Bourbon
An anderer Stelle gibt es auch noch den Palais Jean de Bourbon. Der Palast aus dem 15. Jahrhundert beherbergt heute das Museum der Kunst und der Archäologie, in dem mittelalterliche Skulpturen aus der Abtei und dem klösterlichen Dorf Cluny zu sehen sind. Der Palais du Pape Gélase, ein nach Papst Gelasius II. benannter Palast, steht ebenfalls noch. Er wurde im 17. und 19. Jahrhundert renoviert. Eine Besonderheit sind Skulpturen aus der Zeit um 1300. Zu den weiteren Besonderheiten gehört das Kornkammer-Gebäude aus dem 13. Jahrhundert, in dem u.a. die Speisekammer untergebracht war, und in dem noch acht Kapitelle des Chors der Abtei zu sehen sind.
Eine virtuelle Ausstellung zeigt die einstige Größe
Wer Cluny (das noch nicht zum Unesco-Welterbe gehört) besucht, sollte die Ausstellung „Die Entdeckung von Cluny III“ in der Anlage besuchen. Teil davon ist ein 3D-Film, der die Abteikirche wiedererstehen lässt. Außerdem werden an verschiedenen Stationen auf großen Bildschirmen fehlende Teile virtuell wieder „eingebaut“, um den Besuchern eine Vorstellung von der Größe und dem früheren Aussehen des Komplexes zu geben.
Bummel durch die Stadt
Heute ist das Kloster so sehr mit der Stadt verschmolzen, dass man sich unbedingt auch Zeit für einen Bummel durch die schmalen Gassen gönnen sollte. Charmante kleine Geschäfte und Restaurants residieren zwischen den historischen Bauwerken und Ruinen, die Reste der hohen Befestigungsmauer zeugen von der einstigen Macht der Abtei.
Cluny – Infos
- Adresse: Rue du 11 Août 1944, Cluny
- Anfahrt: aus Mâcon: Straße N79 nach Berzé-le-Châtel, Landstraße D980 weiter bis Cluny. Aus Lyon: A6 bis Mâcon, weiter wie im vorigen Satz beschrieben
- Öffnungszeiten: 1. April bis 30. September, tgl. 9.30-18 Uhr; 1. Oktober bis 31. März, tgl. 9.30 bis 17 Uhr
- Eintritt: 9,50 Euro, für Kinder und Jugendliche bis 18 J. ist der Eintritt frei, Online-Tickets hier
- Geführte Touren (auch auf Deutsch) werden angeboten
- Cluny im Internet
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