William Eggleston gehört zu den Pionieren der künstlerischen Farbfotografie. Sein besonderer Blick aufs Alltägliche hat ihn berühmt gemacht. Gerade wird ein Ausschnitt seiner bekanntesten Werke unter dem Titel „Mystery of the Ordinary“ in der Galerie C/O Berlin gezeigt.
Eggleston fand seine Motive auf der Straße
Eggleston, der 1939 in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee geboren wurde, wuchs auf einer Baumwollfarm in Sumner (Mississippi) auf. Schon früh interessierte er sich für Fotografie. Eine Ausstellung des französischen Schwarz-Weiß-Fotokünstlers Henri Cartier-Bresson begeisterte ihn so, dass auch er mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen begann. Seine Motive fand er auf der Straße – Geschäftshäuser, Menschen, Leuchtreklame. Dann aber entdeckte er die Farbfotografie, die damals als Kunstform verpönt war. Die Motive blieben die gleichen, aber die Wirkung war eine ganz andere.
Aufnahmen im Vorübergehen

Egglestons Momentaufnahme mit jungem Verkäufer Foto: Silke Böttcher
William Eggleston hielt sich nie lange mit einem Motiv auf. „Ich mache ganz schnell ein Bild und vergesse es dann sofort“, sagte er einmal und betonte, dass er immer nur ein Foto von einem Motiv macht. Nie mehr. Und das, obwohl er ja nicht wusste, ob das Bild gelungen war.
Einige Aufnahmen entstanden beinahe im Vorübergehen. 1976 widmete ihm das Museum of Modern Art in New York 1976 eine Ausstellung. Initiiert wurde sie von John Szarkowski, der damals Kurator der Farbfoto-Abteilung des Museums war.
Dass sich Kritiker damals vernichtend über die Aufnahmen äußerten, machte ihm nichts aus. Er amüsierte sich sogar darüber. Denn er wusste, dass seine Herangehensweise neu und auch für die Kritiker der damaligen Zeit ungewöhnlich war. Das galt auch für die Wahl seiner Motive. Berühmt sind Fotos wie die rote Zimmerdecke oder ein Dreirad aus der Froschperspektive.
Eigenwilliger Blick
In seiner Arbeit kümmerte sich Eggleston nie um Regeln. Er schnitt Motive – zum Beispiel Autos, aber auch Menschen – an, fotografierte teilweise Belangloses wie den Inhalt eines Tiefkühlschranks und hatte auch keine Scheu davor, Müll am Straßenrand zu lassen, wenn er ein Bild machte. Shopping Malls wurden ebenso abgelichtet wie Auslagen in einem Geschäft, eine Flasche auf einer Motorhaube oder die Werbemalerei an einer Mauer. Viele Bauwerke sind dabei. Verfallene und bunt bemalte, mitten im Nirgendwo oder in der Stadt. Einige Bilder erinnern an die Gemälde von Edward Hopper.
Respekt für die Motive
Eggleston machte fotografisch bewusst keinen Unterschied zwischen Menschen und Gegenständen. „Demokratische Kamera“ nannte er das. Trotzdem entwickeln die Bilder mit Menschen eine besondere Sogkraft auf den Betrachter. Der junge Verkäufer, der vor einer Mall Einkaufswagen zusammenschiebt, die Männer in einer Spielhalle, ein Mann an der Tankstelle – er betrachtet die Menschen mit Respekt und wird nicht zum Voyeur.
Diese Farben!
Eine Besonderheit ist die Farbwahl. Das liegt am Abzugsverfahren, das Eggleston anwendete. Das sogenannte Dye-Transfer-Verfahren (übersetzt „Farbstoffübertragung“, eine Technik, bei der von einem Diapositiv oder einem Negativ viele Farbbilder hergestellt werden) wurde früher vor allem für Werbeanzeigen und in Magazinen eingesetzt.
Berühmte und nie gezeigte Fotografien

Eggleston-Ausstellung bei C/O Berlin Foto: Silke Böttcher
Die Retrospektive bei C/O Berlin zeigt Ausschnitte aus berühmten Serien wie „Los Alamos“, aber auch die anfänglichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen und Werke, die bisher nie oder selten gezeigt wurden, etwa aus der Serie „The Outlands“ und sogar Bilder, die zwischen 1981 und 1988 in Berlin entstanden sind. Dazu gibt es einen sehr sehenswerten 26-minütigen Film, der spannende Einblicke ins Schaffen des heute 84-jährigen Künstlers gewährt.
Nicht nur für Fans von William Eggleston ist die Ausstellung „Mystery of the Ordinary“ ein absolutes Highlight. Wer sie sehen möchte, muss sich beeilen: Sie läuft nur noch bis 4. Mai.
Eggleston-Ausstellung – Infos
Adresse: C/O Berlin im Amerika-Haus, Hardenbergstr. 22-24, 10623 Berlin
Anreise: S+U-Bahnhof Zoologischer Garten (S3, S5, S7, S9, U2, U9)
Öffnungszeiten: Täglich 11 bis 20 Uhr (Hinweis: am heutigen 26. April ist die Galerie ab 15 Uhr geschlossen)
Eintritt: 12, erm. 6 Euro
C/O Berlin im Internet
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