Atemübungen gehören zu den effektivsten Möglichkeiten, sich zu entspannen. Trotzdem sind viele Menschen erst einmal skeptisch. Atmen kann doch jeder, oder? Die Antwort ist wie so oft etwas komplizierter…
Viele Menschen denken über ihren Atem gar nicht nach
Die meisten Menschen merken gar nicht, wie sie atmen. Für sie ist der Atem etwas, das ganz automatisch abläuft. Klar: Jeder muss atmen. So versorgt er seinen Körper mit sauerstoffreicher Luft und gibt gleichzeitig verbrachte Luft an die Umgebung ab. Wir atmen also ein und aus. So weit, so einfach. Und auch wieder nicht einfach.
Mit den Gefühlen verknüpft
Denn der Atem ist eng mit den Gefühlen verknüpft. Wenn wir so richtig unter Stress stehen, atmen wir ganz flach. Das bedeutet, dass der Körper zu wenig Sauerstoff bekommt. Außerdem aktiviert das flache Atmen den Sympathikus. Das ist der Teil des vegetativen Nervensystems, der aktivierend wirkt, also eine „Kampf oder Flucht“-Reaktion hervorruft. Das sorgt zusätzlich für Muskelverspannung, schnelleren Herzschlag und eine verstärkte Ausschüttung des Stresshormons Cortisol.
Atemübungen sind leicht zu lernen
Zum Glück sind wir all dem nicht hilflos ausgeliefert. Mit gezielten Atemübungen können wir viel für unsere Gesundheit tun. Es gibt viele Techniken, die man ganz leicht lernen kann.
Durch die Nase atmen
Experten empfehlen grundsätzlich, durch die Nase zu atmen. Das sorgt dafür, dass man länger und ruhiger atmet. Außerdem wird die Nase gereinigt und die Lungen nehmen mehr Sauerstoff auf.
Aber es gibt noch weitere Atemübungen. Ein paar Techniken:
Bauchatmung. Hier wird die gesamte Lunge mit Sauerstoff gefüllt. So geht’s: Setzen Sie sich gerade hin und legen eine Hand auf die Brust und die andere auf den Bauch. Atmen Sie erst einmal so ein und aus, wie Sie es normalerweise tun. Und beobachten Sie, welche Hand sich beim Atmen am meisten mitbewegt. In der Regel ist es die im Brustbereich.
Atmen Sie jetzt so ein, dass die Luft in den Bauchraum fließt. Sie werden spüren, dass sich die auf dem Bauch liegende Hand bewegt – der Bauch wölbt sich nach außen. Beim Einatmen zieht er sich wieder nach innen. Wiederholen Sie diese Form des Atmens einige Male, um sich daran zu gewöhnen. Tipp: Üben Sie es täglich für ein paar Minuten. Die Bauchatmung hat viele weitere Vorteile. So wirkt sie sich positiv auf die Verdauung aus und kann sogar Bluthochdruck senken. Auch das Herz-Kreislauf-System und der Beckenboden profitieren und das Zwerchfell wird gestärkt.
Den Atem verlängern. Bei dieser Atemübung ist das Ausatmen länger als das Einatmen. Am besten ist es, wenn Sie das schrittweise üben. Anfangs zählen Sie beim Einatmen innerlich ganz langsam bis vier. Dabei achten Sie darauf, dass sich der Bauch nach außen wölbt. Beim Ausatmen zählen Sie wieder bis vier und achten darauf, wie sich der Bauch wieder leert. Das machen Sie einige Male, und dann steigern Sie es. Zählen Sie beim Ein- und Ausatmen jetzt bis fünf oder sechs. Fühlt es sich gut an, geht es ans Verlängern: Sie zählen beim Einatmen langsam bis vier und beim Ausatmen langsam bis sieben. Ziel kann die sogenannte 4711-Methode. Atmen Sie vier Sekunden lang ein und sieben Sekunden lang aus – und wiederholen Sie das elfmal.
4-7-8-Übung. Sie soll beim Einschlafen helfen. So geht’s: Atmen Sie vier Sekunden durch die Nase ein. Dann halten Sie den Atem sieben Sekunden lang an und atmen dann acht Sekunden durch den Mund aus. Sie können beim Ausatmen die Zungenspitze aufs Zahnfleisch direkt hinter den oberen Vorderzähnen legen und die Luft durch die Lippen pressen – ein zischendes Geräusch entsteht.
Atmen wie die Yogis
Wechselatmung. Sie kommt aus dem Yoga und ist eine der Atemübungen, die Pranayama genannt werden. Sie wirkt harmonisierend und bringt frische Energie. Dabei wird immer durch ein Nasenloch ein- und durchs andere ausgeatmet. Setzen Sie sich bequem hin. Dann biegen Sie den Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand nach innen, Daumen-, Ring- und kleinen Finger strecken Sie aus.
Atmen Sie tief ein und aus und schließen Sie dann mit dem rechten Daumen das rechte Nasenloch und atmen mit dem linken Nasenloch vier Sekunden lang ein. Schließen Sie dann mit dem Ringfinger das linke Nasenloch, halten die Luft einige Sekunden (empfohlen werden 16) an. Öffnen Sie das rechte Nasenloch und atmen Sie daraus acht Sekunden lang aus. Weiter geht es, immer im Wechsel: Auf einer Seite vier Sekunden lang einatmen, 16 Sekunden anhalten, auf der anderen acht Sekunden lang ausatmen.
Kapalabhati. Yogis schwören, dass diese Atemübung, die auch als Feueratmung bekannt ist, nicht nur aktiviert, sondern auch entgiftet. Auf alle Fälle bekommt der Körper viel Sauerstoff. So geht’s: Setzen Sie sich mit geradem Rücken hin. Dann atmen Sie einige Male tief ein und aus. Wenn Sie so weit sind, atmen Sie einmal lang und langsam ein und atmen danach kurz, mit einem schnaubenden Geräusch aus.
Stellen Sie sich vor, dass Sie ein Taschentuch vor der Nase haben, das Sie mit dem schnellen Schnauben wegpusten. Während des schnellen Ausatmens ziehen sich Bauch und Zwerchfell ruckartig nach innen (Sie können das prüfen, indem Sie ihre Hand auf den Bauch legen – er sollte sich beim Ausatmen nach innen ziehen). Am Anfang reichen 30 Ausatmungen. Oder eben so viele, wie sich gut anfühlen. Achtung: Für Menschen, die unter COPD, Asthma, akuten Bandscheibenvorfällen, sehr hohem Blutdruck oder unter Herzkrankheiten leiden, ist Kaphalabhati nicht geeignet. Schwangere sollten vorher Ihren Arzt fragen.
Atemübungen regelmäßig praktizieren
Probieren Sie einfach mal aus, welche der Atemübungen Ihnen am ehesten liegt. Und versuchen Sie, sie in Ihren Alltag einzubauen. Viele Menschen, die regelmäßig Atemübungen praktizieren, erzählen, dass sie sich besser konzentrieren können, sich ihre Leistungsfähigkeit gesteigert hat und auch ihre Stimmung deutlich besser ist als früher.
Ein weiterer Artikel über Yoga
Weitere Artikel über Entspannung
Anzeige:
Kommentar hinterlassen